Akademie des Handwerks
Schloss Raesfeld
Der ZAD kam im Jahr 2010 wieder zurück zum schon fast traditionellen Veranstaltungsort in die Akademie des Handwerks "Schloss Raesfeld"
Der Zad-Vorstand lud ein zum diesjährigen Mai-Seminar nach Raesfeld in die Akademie des Handwerks "Schloss Raesfeld". Mit einer Referentenbesetzung ausschließlich aus eigenen Reihen ging das Seminar "Back to the roots" und war damit ZAD-typisch, ZAD-intensiv, ZAD-informativ, ZAD-offen, und mit seinem umfassenden Themenspektrum sowohl für Zahnmediziner als auch für Zahntechniker hochinteressant.
Ztm. Jörg Brauegger
Ztm. Ralph Riquier
Zahnarzt
Walther Borning
Ztm. Thomas Hahne
Zahnärztin
Kerstin Piesche
Ein herzliches Dankeschön an alle, die zum Gelingen des Seminars beigetragen haben, hier vor allem an alle ZAD-Mitglieder, die mit ihren hervorragenden Vorträgen dem Seminar Inhalt und Klasse gaben.
Jörg Braunegger stellte in seinem einstündigen Vortrag den Umgang mit der 3D-Software "CeHa imPLANT®" sehr ausführlich und anschaulich vor.
Er ging vor allem sehr genau auf die Herstellung der Röntgenschablone nach Wax-Up ein und sehr ausführlich auf die Handhabung der Positionsreferenz mittels Legosteinen und
Guttaperchastiften.
Sehr gut auch die durch umfangreiche Bebilderung unterstützte Beschreibung des Dateneinlesens in die Software mit allen Kontrollschritten zur präzisen Darstellung und korrekten dreidimensionalen
Positionierung.
Jörg Braunegger zeigte jetzt, wie mit Hilfe der Software für jedes einzelne Implantat nach Knochenangebot und vorgeplanter Ästhetik in der dreidimensionalen Darstellung zielgerichtet seine
Endposition geplant werden kann.
Die Beschreibung der Übertragung dieser virtuellen Planung in eine in allen Einzelheiten stimmige Bohrschablone mit Hilfe des rechts abgebildeten Positionierers "X2" rundete diesen Vortrag
ab.
Jörg Brauneggers inhaltsreiches Referat unterstützt durch eine gut bebilderte Präsentation war ein hervorragender Einstieg in den Seminartag. Die Zuhörer quittierten dies mit einen begeisterten
Beifall.
Danke Jörg!
Hier noch ein paar Links zu Videos auf YouTube zum Thema
Diagnose und Bissregistrierung
Wax-Up und Röntgenschablone
3D Planung mit "CeHa imPlANT®"
Übertragung Bohrschablone
OP Implantate
Ztm. Ralph Riquier ging in seinem Vortrag umfassend auf alle Einzelschritte in der digitalen Behandlungskette ein.
Zunächst stellte er die am Anfang stehenden Möglichkeiten der Datenerfassung gegenüber, sprich - Modell scannen nach konventionellem Abdruck - Intraoral-Scan(digitaler Abdruck) und die zu erfüllenden Anforderungen an Gerät und Scangrundlage.
Hier wies er auf deutliche Intensitätsunterschiede der Streifenlichtbilder zwischen Gipsmodellscan und Oralscan hin. Er beschrieb ausführlich Aufbau und prinzipielle Funktionsweise der Scanner.
Zur softwarebasierten Generierung dreidimensionaler Gitternetzstrukturen sind mehrere "Scanner-Fotos" aus unterschiedlichen Perspektiven notwendig.
Auch streifte sein Vortrag verschiedene Verfahrenstechniken und deren Ergebnisunterschiede zur Modellherstellung nach einem "digitalen Abdruck". Als da sind:
Die Stereolithographie, das Lasersinter-Verfahren oder das Fräsen .
Am Ende der digitalen Prozesskette stehen diese drei Verfahren auch zur Herstellung zahntechnischer Objekte zur Verfügung.
Das Resümee seines Vortrages lautete der Vielfalt der neuen Verfahren entsprechend:
Ein gut strukturierter und spannender Ausblick auf die zahnmedizinische und zahntechnische Zukunft!
Danke Ralph!
Thomas Hahne zeigte in seinem Referat seine Vorgehensweise zur Herstellung individueller Implantataufbauten - wie immer unterstützt durch jede Menge seiner hervorragenden Fotos zum Thema.
Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen Hinweise zu Vorbereitung, Dimensionierung und Fertigung individueller Implantataufbauten im Frontzahnbereich.
Wenn Vollkeramikaufbauten im Grenzbereich von Knochen zu Weichgewebe eine nicht ausreichende Dimension liefern, ist es aus ästhetischen Gründen anzuraten ein für den Einzelfall geeignetes
Emergenzprofil herzustellen (Bilder 1 + 2).
Der konfektionierte Aufbau wird unter den empfohlenen Bedingungen (vorsichtiges Schleifen mit Turbine unter Wasserkühlung) reduziert. Der bis jetzt nicht ausreichend ausgeformte Sulcus wird auf
den notwendige Platz erweitert (Bilder 2 + 3).
Auf den reduzierten Aufbau wird in Wachs ein Aufbau in entsprechender wunschgemäßer Dimension modelliert (Bild 4) und in emax Presskeramik(für individuelle Frontzahnimplantataufbauten) bzw.
Edelmetall(im Seitenzahnbereich) umgesetzt. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass der Emergenzwinkel 45° nicht überschreitet (Bild 6), da sonst Sauberhaltung dieser Region nicht mehr gut
gelingt. Der fertig hergestellte individuelle Aufbau wird mit Multi Link Implant nach Herstellerangaben mit dem konfektionierten Zirkonaufbau sauber verklebt (Bilder 5 + 6).
Auf solchen individuell hergestellten, der ursprünglichen Zahngröße angepassten Implantataufbauten kann man dann ästhetisch hochwertige Kronen fertigen, die sich naturnah und harmonisch ins
Weichgewebe einfügen (Bilder 9 + 10)...
Im weiteren Verlauf seines Referates ging er auch auf individuelle, herausnehmbare Lösungen ein und zeigte hier einige seiner Patientenfälle in bestechenden Bildern. Es ist immer wieder
begeisternd den strukturierten Referaten Thomas Hahnes zuzuhören nicht zuletzt wegen seiner brillianten Fotodokumentationen.
Herzlichen Dank Thomas!
Zahnarzt Walther Borning stellte uns in seinem Kurzvortrag das Prepometer (ehemals Dentometer DTM 800) vor. Es ist ein Messgerät zur Begrenzung der Präparationstiefe bei der
Kronenpräparation.
Laut Untersuchungen stirbt bei bis zu 15 Prozent von zehn Millionen Zähnen, die in Deutschland pro Jahr überkront werden, nach der Behandlung das Zahnmark ab, wenn der Arzt bei der Behandlung
zuviel Substanz abschleift. Das muss nicht sein, dachten sich Mediziner der Zahnklinik Marburg und entwickelten das Prepometer, mit dem erstmals die richtige Schlifftiefe bei der Behandlung
kontrolliert werden kann.
Untersuchungen haben ergeben, dass der elektrische Widerstand des Dentins von der Dicke der Dentinschicht - gemessen in Richtung der Dentinkanälchen - abhängt. Diese Erkenntnis wird von dem
Prepometer ausgenutzt. Mit dem Prepometer wird der Widerstandswert der
Dentinschicht, die bei der Präparation über der Pulpa belassenen wurde, bestimmt und als grüner, gelber, oranger oder roter Wert auf einer LED-Skala angezeigt. Dabei bedeutet ein grüner Messwert,
dass eine tiefere Präparation gefahrlos durchgeführt werden kann.
Zur Durchführung dieser Messung ist es erforderlich einen elektrischen Stromkreis zu schließen. Dazu wird eine Elektrode in der Mundhöhle an beliebiger Stelle, z. B. im Mundwinkel, eingehängt und mit dem
Dentometer verbunden. Die Messspitzes des Prepometers wird mit physiologischer Kochsalzlösung befeuchtet, die den Kontakt zu den Dentinkanälchen herstellen soll. Mit der Messspitze wird jetzt der
zuvor oberflächlich getrocknete Zahnstumpf abgetastet und die Anzeige des Dentometers beobachtet. Die Leuchtdioden signalisieren jetzt, ob noch tiefer präpariert werden darf.
Ein hoch interessanter Kurzvortrag von ZAD-Mitglied Walther Borning.
Danke Walther!
Zwischen all diesen hervorragenden Referaten gab es auch genügend Zeit für Pausen und Entspannung. Man nutzte diese kurzen Zeitäume zu Austausch und Diskussionen, zur Besinnung und humorvollen Regeneration der Sinne.
Entspannt statt angespannt
Zahnärztin Kerstin Piesche (seit Mai 2009 Mitglied im ZAD) hatte ein für uns alle sehr interessantes Thema ausgesucht.
Am Anfang ging sie zunächst auf den geschichtlichen Hintergrund ein. Schon in der Frühzeit des Menschen ist die Hypnose bekannt. Wissenschaftlich wiederentdeckt seit 1770 und bis heute stetig
weiter entwickelt und gepflegt.
Sie erklärte den Begriff "Hypnose" als Verfahren zum Erreichen einer hypnotischen Trance. Zum Verständnis des Begriffes "Trance" führte sie uns jetzt mehrere alltägliche Trancezustände, wie
Arbeitstrance, Autofahrertrance oder Entspannungstrance vor Augen. Die hypnotische Trance sei kein Schlafzustand, sondern ein überwachter Zustand - die Aufmerksamkeit konzentriere sich auf innere
Erlebnisse - äußere Reize würden kaum mehr wahrgenommen und der "Hynotisant" werde empfänglich für "Suggestionen".
Auch dieser Begriff wurde aus seinem Sprachursprung (lat.: suggerere = jemandem etwas antragen) als Präsentation einer Anregung oder eines Vorschlages erklärt. Suggestionen nutze man zum
Erreichen einer Trance sowie als Handlungsvorschlag (verbale Anweisung , die auf das Unterbewusstsein wirken solle).
Es folgte die Beschreibung der objektiven Trancephänomene (z.B. Augen: Zittern der Augenlider, Blickfixierung, Pupillendilatation Muskelentspannung, Veränderung des Atemrhythmus und der
Atemtiefe, Verlangsamung der Pulsfrequenz), die dem Hypnotiseur anzeigen, dass ein Trancezustand erreicht ist und die subjektiven Trancephänomene (z.B. Schwere- bzw. Leichtigkeitsgefühl,
Schwindel, „kloßiges“ Schlucken, Verlust des Zeitgefühls, verbale Hemmung), die der Hypnotisant in unterschiedlicher Ausprägung erlebt. Folglich unterscheidet man auch verschieden tiefe
Trancezustände anhand dieser Phänomene.
Das letzte Drittel des Referates focussierte sich auf die mögliche Anwendung in der Zahnarztpraxis:
Indikationen
Entspannung Angst- und Stressabbau Kinderbehandlung Posthypnotischer Heilungsverlauf Blutungskontrolle Analgesie (Schmerzreduktion) Selbsthypnose (auch das Praxisteam)
Seltenere Indikationen
Habitkontrolle Prothesenunverträglichkeit Chronischer Schmerz (Bewältigungsstrategien für den Umgang mit chronischen Schmerzen) Allergien Parästhesien Schleimhauterkrankungen (Aphten, Ulcera) Tumore, Immunstörungen (Abwehrsystem stärken und Schmerzlinderung) Raucherentwöhnung
Kontraindikationen
Fehlendes Einverständnis des Patienten für hypnotische Behandlung Psychiatrische Krankheitsbilder Drogen- oder Medikamentenabusus Beschwerden ohne medizinische Abklärung Unzureichende Ausbildung des Behandlers / fachfremder Bereich Zeitmangel
Interessant auch das mitgebrachte Anschauungsmaterial zum "anfassen" ( oben in der rechten Bildhälfte zu sehen), dass in der Zuhörerschaft die Runde machte.
Als krönenden Abschluss gab es ein Hypnose-Life-Video aus der Praxis. Das Fazit ihres mit Begeisterung aufgenommenen Vortrages lautete:
Trancezustände sind Teil unseres alltäglichen Lebens – Hypnotiseure helfen dieser natürlichen Neigung lediglich nach oder verstärken diese. Hypnose lässt sich vielseitig als effektives
Hilfsmittel bei zahnärztlichen Behandlungen anwenden und ist eine sinnvolle Erweiterung um entspannt und stressfrei zu arbeiten!
Vielen Dank Kerstin!
Zunächst ein Zitat von Zahnarzt Walther Borning aus dem Vorjahr, während der Planungsphase des diesjährigen Seminars:
"Wir haben im ZAD so ein großes Wissenspotential, dass wir ein Mai-Seminar ausschließlich mit mit ZAD-internen Referenten hochinteressant gestalten können!"
Er hatte Recht! - Und gerade auch im letzten Teil dieses Seminar-Nachmittages zeigte sich das volle Potential während der Diskussion dieses Falles:
Zahnarzt Walther Borning und Ztm. Manfred Adels (er hatte zur besseren Orientierung und als Diskussionsgrundlage für alle Seminarteilnehmer OK- + UK Modell des Falles vorbereitet) stellten uns
einen außergewöhnlichen Fall eines erst 19 Jahre alten männlichen Patienten vor.
Der Patient kam nach einer nicht abgeschlossenen kieferorthopädischen Behandlung in die Praxis. Nach Röntgenbefund wurde festgestellt, dass der Zahn 12 so gut wie keine knöcherne Alveole mehr
aufwies. Als "Erste Hilfe Maßnahme" wurden die vier Frontzähne zum Halt des Zahnes 12 durch einen aufgeklebten Draht verblockt. Diese Stabilisierung führte nach einiger Zeit zur Regeneration der
Alveole. Zur Diskussion standen jetzt Vorschläge zur weiteren Behandlung und Erhaltung des bis dahin Erreichten. Walther und Manfred moderierten die lebhafte Diskussionsrunde mit
Informationsergänzungen zum Fall, hinterfragten vorgeschlagene Lösungsansätze, griffen weitere Ideen auf .... und wie man auch oben in den Fotos gut erkennen kann, arbeiteten alle
Anwesenden engagiert an möglichen Behandlungkonzepten. Nach einer guten Stunde kam man zu dem Fazit, erst einmal die kieferorthopädische Behandlung unter besonderer Berücksichtigung des bis jetzt
Erreichten wieder aufzunehmen, um eine eugnathe Bisssituation herbeizuführen und erst danach weitere Behandlungsschritte zu planen.
Danke an Walther und Manfred für die Herausforderung des ZAD-Potentials!